Blog-Eintrag Nr. 2

Jajaja. Eigentlich wollte ich ja gar nichts zur sogenannten Rassismus-Debatte schreiben. Nicht, weil ich glauben würde, Rassismus sei kein Problem, das angesprochen werden müsste - nein. Ich halte das Thema an sich einfach für nicht gerade erörterungsbedürftig. Wir sprechen hier schließlich nicht über eine neue Problematik. Genauer gesagt, sprechen wir nichtmal über eine Problematik, sondern über ein Unding, eine Denkweise. Über eine Weltanschauung, die doch eigentlich spätestens seit dem amerikanischen Bürgerkrieg Mitte des 19. Jhd. auf dem Misthaufen der Geschichte hätte verschwinden sollen.
Doch leider hat mir Lippi nun die Daumenschrauben angelegt und gesagt: "Lucas, alle Welt versucht sich gerade durch diverse Statements dazu zu profilieren. Das machen wir auch. Also schreib!". Von daher einfach mal ein paar Gedanken:

I - Das Wort Rassismus-Debatte ist Müll:
Das Wort Debatte (laut Duden ein/e Streigespräch/Erörterung), impliziert ja, dass es zumindest zwei Sichtweisen auf ein Thema gibt. Quasi ein Für und Wider. Ist hier jemand ernsthaft der Meinung, dass es ein Für für Rassismus gibt?

II - Wie bereits erwähnt, ist Rassismus kein neues Problem:
Da hilft es leider auch nichts, Trump die Schuld daran zu geben (dass er nicht gerade zur Deeskalation der Situation beiträgt steht auf einem anderen Blatt). Ich will hier auch gar nicht Position für diesen Mann ergreifen. Er ist ohne Zweifel ein dummes, sexistisches und rassistisches A****l*ch und steht zumindest mit letztgenanntem in guter Tradition etlicher Präsidenten vor ihm. Den gesamten Rassismus jedoch ihm (und zwischen den Zeilen auch einem Groß seiner Wähler anzulasten) birgt die Gefahr, von eben diesen auch jene zu verlieren, die nicht rassistisch agieren.

III - Rassismus ist ein Problem der Minderheit:
Zumindest in Europa ist das so (s. Anhängerschaften Rechter Parteien). Wie genau die Zahlen in den USA sind, weiß ich nicht. Vermutlich weiß es niemand, denn nur die wenigsten gehen hin und sagen: "Ach übrigens, was ich noch los werden wollte: Ich bin Rassist!". Hinzukommt, dass ein gewisser Hang zum Patriotismus in den USA in beiden großen Parteien viel deutlicher zu Tage tritt und eine Verankerung einzelner Gruppen oder Individuen in Zeiten der alten Sklavengesellschaft sicherlich nicht ohne Weiteres Republikanern oder Demokraten zuzuordnen ist. Dennoch denke ich, dass auch dort die Mehrheit nicht rassistisch oder sogar offen gegen Rassismus ist. Das soll hier in keinster Weise dazu dienen, das Problem klein zu reden - im Gegenteil. Gerade in einem Land mit so hoher Bevölkerung, wie in den USA ist auch eine Minderheit noch ziemlich viel. Und wenn diese dann zu einem Großteil in systemrelevanten Berufen und v.a. bei der Polizei sitzen und sich freuen, dass man ihnen Waffen schenkt... Die Auswirkungen sehen wir ja. Aber vielleicht macht es trotzdem Mut, dass die vernünftigen Menschen sehr wahrscheinlich die Mehrheit bilden.

IV - Wir sollten dankbar sein, in Deutschland zu wohnen:
Auch wenn es einige anders sehen: In Deutschland gibt es Rassismus in dieser strukturellen Form nicht. Dies sollte allerdings nicht missverstanden werden. Auch in Deutschland gibt es durchaus Polizisten, die nicht nur rechts denken (was im Rahmen der Meinungsfreiheit zu akzeptieren wäre) sondern auch entsprechend agieren. Allzu oft werden solche Ereignisse dann mit den Worten: "Schwarze Schafe gibt es überall.", heruntergespielt. Doch es gibt nunmal Berufe, in denen es keine Schwarzen Schafe geben darf. Und die Polizei gehört definitiv dazu. Dennoch ist die Behauptung, dass Polizisten in Deutschland flächendeckend rechts seien ebenso wenig haltbar, wie die Aussage, alle Ärzte seien links und alle Regenwürmer grün.

V - Die mediale Entwicklung zeigt endlich ihre Vorteile in Bezug auf Meinungsbekundungen:
Man hat ja den Großteil der Zeit das Gefühl, dass im Internet überwiegend Idioten unterwegs sind und sich dort brachial Gehör verschaffen. Doch aktuell werden wir Zeugen davon, dass auch sinnvolle Aktionen ihren Weg in die Viralität finden. Und wie wir am Beispiel der Polizeibehörde in Minneapolis sehen, können auf diesem Weg auch tatsächlich positive Veränderungen ausgelöst werden.

VI - Rassismus gegen Weiße gibt es nicht:
Es ist ein gerne genommenes Argument in Situationen wie diesen. Fast immer formuliert in Form einer Frage: "Und was ist mit Rassismus gegen Weiße?! Wann geht jemand für uns auf die Straße?!" Zunächst hätte ich da ja den Vorschlag, sich zu einem Afroamerikaner umoperieren zu lassen und dann mal in die Südstaaten zu ziehen. Wenn betreffende Personen danach immer noch der Meinung sind, dass der Rassismus, den sie erfahren genauso schlimm ist, wie der, der in den USA täglich der schwarzen Bevölkerung entgegengebracht wird, will ich da nichts weiter zu sagen. Um bis dahin etwas Konstruktives beizutragen: In Afrika selbst ist Rassismus tatsächlich relativ weit verbreitet - in erster Linie zwischen den einzelnen Ländern. Und hier trifft der Rassismus teilweise natürlich auch den gemeinen weißen Mann. Zum einen leben aber nur sehr wenige Europäer in Afrika und zum anderen hat der Rassismus dort eine ganz andere Qualität, wenn man bedenkt, dass die Motivation ganz eindeutig aus den Zeiten der im Zuge der Kolonialherrschaft Europas ausgeführten Unterdrückung eines kompletten Kontinents herrührt.

VII - Bitte verfallt nicht der Gewalt:
Sicher. Die Gewalt, die die schwarze Bevölkerung in den USA seit Jahrzehnten erfährt ist schwer zu ertragen und natürlich ist es verständlich, dass eine Initialzündung wie das allseits bekannte Video der Ermordung Floyd's auch die ein oder andere Explosion auslöst. Trotzdem war es noch nie eine gute Idee Gewalt mit Gewalt zu bekämpfen. Zumal ich mir die Untestellung erlauben will, dass unter den zahlreichen Demonstranten sicherlich auch die eine oder andere Nase dabei ist, die einfach nur die über Corona angestauten Aggressionen herauslassen will.

VIII - Der Polizist, der George Floyd ermordet hat kann kein Nazi sein, seine Frau ist Migrantin:
Dazu folgendes: Alice Weidel ist auch lesbisch. Außerdem lebt sie in einer Beziehung mit Srah Bossard aus Sri Lanka und hat mit ihr zwei Söhne adoptiert. Und das alles als Vorsitzende einer Partei, die gegen Ausländer, gegen homoerotische Beziehungen und gegen die Adoption von Kindern seitens homerotischer Paare Stellung bezieht.

IX - Wie war das mit Corona?
Ich verstehe schon, dass für den Teil der afroamerikanischen Bevölkerung, der jahrzehntelang Rassismus erfahren hat, Corona momentan zweitrangig ist. Dagegen sei aus der Ferne nichts gesagt. Aber zumindest in den Teilen der Welt, wo die Proteste überwiegend solidarischen Charakter haben, wäre es eine schöne Idee, nicht gleich sämtliche Corona-Regeln über Bord zu werfen.

X - All Lives Matter:
Tja, was soll man dazu noch sagen?! Klassischer Beitrag der Kategorie schön gesagt, schlecht gemeint? Oder einfach überlesen, dass "Black Lives Matter" nicht automatisch bedeutet "White Lives don't Matter"...?

~ Lucas Müller, 19. Juni 2020